DIESEM LESACHTALER WANDERWEG WIRD EINE HEILENDE WIRKUNG NACHGESAGT

Man könnte meinen, er hätte Dr. Luft vergessen. Aber in Gesellschaft von Dr. Wald, Dr. Wasser, Dr. Wiese und Dr. Alm fühlt er sich sehr wohl. Ihn hat Mediziner Georg Lexer, Erfinder des „Heilklimatischen Wanderweges mit den vier Doktoren“ im Lesachtal wohl deshalb nicht erwähnt, weil er selbstverständlich ist und über allem schwebt.

Wer nun glaubt, es gehe hier um eine seltsame Interpretation der vier Elemente oder esoterische Therapien, liegt falsch. Wer am Morgen vor dem Peintnerhof, dem historisch gewachsenen, hölzernen Bauern- und „Auszeithof“ in Niedergail im Lesachtal steht, spürt den unsichtbaren Dr. Luft mit seiner befreienden Brise und lässt beim tiefen Einatmen viel Belastendes hinter sich. Einen idealeren Ausgangsort für den „Heilklimatischen Wanderweg“, der durchs Niedergailer Tal hoch auf die Niedergailer Alm zur Gossenhütte führt, kann es kaum geben.

Lärchenholz, Brillenschafe, Lesachtaler Brot

Das alte Bauernhaus der Familie Unterguggenberger, die sich konsequent einem Leben im Einklang mit der Natur verschrieben hat, hat einen Zubau aus luftgetrocknetem, wintergeschlägertem Lärchenholz erhalten, auf den hofeigenen Wiesen weiden Kärntner Brillenschafe, deren Milch, Fleisch und Wolle am Hof verarbeitet werden. Auf den umliegenden, nur mit Stallmist gedüngten Äckern wird in Fruchtfolge Getreide angebaut, Grundlage für das berühmte, zertifizierte Lesachtaler Brot, dessen Korn nur aus eigenem Saatgut, das am Hof vermehrt wird, hergestellt werden darf.

„Es wird gedroschen, gereinigt und in Säcken gelagert“, schildert der ehemalige Chirurg Georg Lexer, der mit diesem Wanderweg auf die körperlich und seelisch gesundheitsfördernde Wirkung der uralten Kulturlandschaft des Lesachtales hinweisen will. Immer wieder führt er wissenschaftliche Studien ins Treffen. So ließ er Produkte von Bio-Bauernhöfen im Lesachtal im Labor untersuchen. Das Ergebnis: keine Pestizid- und Schwermetallrückstände und ein ideales Fettsäuremuster im richtigen Verhältnis von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. „Bei Turbomast mit viel Kraftfutter entsteht im Fleisch entzündungsförderndes Omega 6“, erklärt Lexer auf dem Weg durch den Kräutergarten zur ersten Station, wo wir Dr. Wald treffen.

Heilender Duft des Holzes

Von Tannen, Fichten, Lärchen, Birken, Buchen, Ebereschen, Holzbirnen- und Holzapfelbäumen umgeben, erreicht der „Duft des Holzes“ die Sinne, während Lexer die Wirkung der Terpene, der zur Feindabwehr entwickelten Holzinhaltsstoffe erklärt. „Sie haben eine heilsame Wirkung auf das Nervensystem, der Sympathicus wird gedämpft und der Parasympathicus gestärkt.“ Ein täglicher Waldspaziergang eine Woche lang senke Puls und Blutdruck.

Langsam mischt sich in das Blätterrauschen das Gurgeln des Wildbaches und man freut sich schon auf die Erfrischung, die sich dann in Form abertausender, zu Gischt zerstobener Wassertropfen auf das Gesicht niederlässt. Dann heißt es tief einatmen und 20 bis 30 Minuten verweilen, um die Wirkung von angstlösendem Vogelzwitschern und Dr. Wasser zu verspüren. „Die zerschellten Wassertropfen, die auf den Steinen aufprallen, laden sich negativ auf, die verstärkte Ionisation der Luft verbessert die Energieleistung der Zellen und hat eine entzündungshemmende, immunabwehrstärkende Wirkung“, erläutert Lexer. An Asthma leidende Menschen würden nach Aufenthalt am Wasserfall weniger Medikamente brauchen.

Entlang des Baches geht man nun auf einem alten Viehweg wahrlich „über Stock und Stein“. Die Bewegung in Serpentinen und die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit seien „entscheidend“, betont Lexer. Man trainiere dadurch die Koordinationsfähigkeit, im Gehirn würden neue neuronale „Verkabelungen“ entstehen, die seien dem Gedächtnis dienlich.

Verdauungsfördernd und antidepressiv

Derart gestärkt erreicht man Dr. Wiese, wo jetzt wilde Brombeeren und rote Preiselbeeren aus dem Grün leuchten, im Sommer findet man die Tee- und Salatingredienzien Kresse, Schafgarbe, Thymian, Ampfer und Waldklee, sowie im Frühjahr auch den Geißbart, den Wildspargel, dessen zartbittere Sprossen gerne verzehrt werden. „Wesentlich sind die Bitterstoffe in der Ernährung. Sie wirken verdauungsfördernd und antidepressiv“, lässt Lexer hören.

Angekommen bei Dr. Alm auf der Gossenhütte auf 1500 Metern entfalten die Jause, die Höhe und der Blick rundum auf die Karnischen Alpen bis zur italienischen Grenze ihre heilsame Wirkung. Auf die Kombination von Almen und Wäldern in der Kulturlandschaft komme es an, meint Lexer. „Wir stammen ja ursprünglich aus der Savanne.“

Die anregende Wirkung des Reizklimas mit dem Wechsel von warm auf kalt und von trocken auf nass erfährt man auf dem Rückweg, wenn die müden Füße in den kalten Niedergailer Bach getaucht werden, um 15 Minuten das Wasser zu treten. Ganz leichtfüßig geht es dann zurück zum Peintnerhof, wo Lexer abschließend resümiert: „Unsere Landschaft ist ein psychischer Wirkungsraum.“ Man glaubt es ihm ohne Zweifel. 

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