HERZINFARKT-PATIENTEN HäUFIG UNZUREICHEND NACHBEHANDELT: NUR HäLFTE ERHäLT NOTWENDIGE MEDIKAMENTE

Deutsche Studie mit Daten von 150 Zentren. Nur die Hälfte der Herzinfarkt-Patienten bekommt die notwendigen Arzneimittel. Nur ein Drittel hält sich an ausreichend körperliche Bewegung. Mängel gibt es auch in der Sekundärprophylaxe.

Ludwigshafen – Obwohl alle Möglichkeiten dazu vorhanden wären, sind Herzinfarktpatienten in vielen Fällen weiterhin viel zu mangelhaft nachbehandelt. Sie bekommen teilweise nicht die notwendigen Medikamente verschrieben, erreichen bei Cholesterin und Blutdruck nicht die optimalen Werte zur Verhinderung eines weiteren Infarkts. Das haben jetzt deutsche Wissenschafter in einer Studie an 150 Zentren herausgefunden.

Uwe Zeymer (Institut für Herzinfarktforschung/Ludwigshafen) und seine Co-Autoren haben ihre wissenschaftliche Untersuchung im European Heart Journal veröffentlicht.

Im Rahmen der Studie wurden 2509 Patienten im Alter von durchschnittlich 66 Jahren nach einem Herzinfarkt und vorangegangener Akutbehandlung an einem von 150 deutschen Herzzentren untersucht. Die Aufnahme in die Untersuchung erfolgte neun bis zwölf Monate nach der lebensgefährlichen Erkrankung. Die Kranken wurden nachuntersucht – samt Interview und Analyse der weiterhin erfolgenden Behandlung.

🔗 Zur Studie

Menschen nach einem Herzinfarkt benötigen eine besonders intensive Betreuung samt der sichergestellten Einnahme von Medikamenten zur Verhinderung neuer Blutgerinnsel, zur Senkung des Cholesterinspiegels und zur Reduktion des Blutdrucks - jeweils de facto auf Idealwerte. Hinzu kommt ein sprichwörtlich „herzgesunder" Lebensstil mit ausreichend Bewegung und ausgeglichener Ernährung.

Von Zielwerten weit entfernt

Wie sich bei der Studie herausstellte, ist man von den Zielwerten offenbar noch immer weit entfernt: Nur 16,3 Prozent der 2503 Herzinfarktpatienten, deren Daten ausgewertet werden konnten, erreichten den optimalen Zielwert von weniger als 55 Milligramm „böses" LDL-Cholesterin pro Deziliter Blut. 38,8 Prozent wiesen den empfohlenen systolischen Blutdruckwert von unter 130 mmHg auf. Trotzdem meinten 87,8 Prozent der Probanden, über ihre Risikofaktoren und die Maßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Herzinfarktes (sogenannte Sekundärprävention) gut informiert zu sein.

Die Leitlinien der kardiologischen Fachgesellschaften fordern, dass möglichst alle Patientinnen und Patienten nach einem Herzinfarkt langfristig fünf verschiedene Arzneimittel verschrieben bekommen und sie auch regelmäßig einnehmen sollten: niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (ASS; Aspirin) und/oder ein weiteres Medikament zur Verhinderung von Blutgerinnseln, ein sogenanntes Statin zur Cholesterinsenkung sowie einen Beta-Blocker (Blutdruck, Herzrhythmus) und einen sogenannten ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker (Blutdruck, Verhinderung von Herzschwäche).

Nur 50 Prozent erhalten empfohlene Medikamente

Die Wissenschafter zogen allerdings eine eher bedenkliche Bilanz: „Während 80 Prozent der Patienten diese den Leitlinien entsprechenden Medikamente verschrieben bekamen, erhielten sie dann wirklich nur rund 50 Prozent. Empfohlenes regelmäßiges körperliches Training wurde nur von einem Drittel der Patienten absolviert."

Ein wichtiger Hebel wäre mehr und auch auf seine Korrektheit nachgefragtes Wissen. Es stellte sich nämlich heraus, dass nur rund 38 Prozent der Probandinnen und Probanden die Blutdruckwerte kannten, deren Erreichen für sie notwendig gewesen wäre. Noch schlechter sah es mit den Cholesterinwerten aus: Nur 8,2 Prozent wussten hier ihre Zielwerte. Es sei jedenfalls weiterhin „Luft nach oben" in der Verbesserung der Information der Patienten und bei der Anwendung der geltenden Leitlinien zur Verhinderung weiterer Herzprobleme, stellten die Wissenschafter fest. (APA)

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