MEDIZINER SKEPTISCH: ZIGARETTENKONZERNE WOLLEN „RAUCHFREI“ WERDEN

Alternativen zur Zigarette sind längst in den Fokus großer Tabakkonzerne gerückt, um auch künftig gute Geschäfte zu machen. Hersteller wie Philip Morris, British American Tobacco oder Japan Tobacco International wollen weg vom Glimmstängel. Lobbyisten machen Stimmung für Alternativen wie Tabak-Erhitzer, E-Zigaretten und Nikotinbeutel. Krebsforscherinnen und -forscher sehen aber auch hier Gesundheitsrisiken, auch die Suchtgefahr bleibe bestehen.

So will der „Marlboro“-Hersteller Philip Morris International (PMI) bis 2030 „ein weitgehend rauchfreies Unternehmen sein“. „Lucky Strike“-Fabrikant British American Tobacco (BAT) will 2035 mindestens die Hälfte seines Konzernumsatzes mit nicht brennbaren Produkten machen, derzeit ist die Firma bei 18 Prozent. Auch Japan Tobacco International (JTI, „Camel“) setzt auf rauchfreie Produkte.

Milliarden fließen in Umstellung

Es geht etwa um Tabakerhitzer, bei denen der Tabak nur heiß gemacht, aber nicht mehr verbrannt wird. Dadurch werden weniger Schadstoffe freigesetzt, was die Firmen als bessere Alternative zu Glimmstängeln darstellen. Auch E-Zigaretten und Nikotinbeutel spielen für die Branchenriesen eine wachsende Rolle. Philip Morris hat seit 2008 schon mehr als 11 Milliarden Euro in rauchfreie Produkte investiert. Der Konzern rührt die Werbetrommel, unlängst wandte sich PMI mit dem Slogan „Deutschland, hör auf zu rauchen“ an die Öffentlichkeit. Schon bald aufhören mit dem Zigaretten-Verkauf möchten die Konzerne freilich nicht - das Geschäft bleibt lukrativ.

Der Zigarettenabsatz ist im Sinken. In Österreich rauchte laut einer Untersuchung im Auftrag des Gesundheitsministeriums 2022 jede fünfte Person täglich (21 Prozent). Die geschäftlichen Perspektiven trüben sich für die Hersteller ein. Hinzu kommt, dass die Politik zunehmend restriktiv gegen den krebserregenden Zigarettenkonsum vorgeht. So fordert die EU-Kommission mehr rauchfreie Zonen, um Menschen vor dem Passivrauchen zu schützen. Bis 2040 peilt Brüssel eine „tabakfreie Generation“ an, mit weniger als fünf Prozent Rauchern.

Tabakerhitzer boomen

Bei diesem politischen Gegenwind will die Tabakbranche mit den Alternativprodukten auf Kurs bleiben. Philip Morris verkaufte im zweiten Quartal 2024 weltweit 35,5 Milliarden Sticks für Tabakerhitzer und damit fast elf Milliarden mehr als zwei Jahre zuvor. „Wir wollen langfristig raus aus dem Zigarettengeschäft und nur noch auf schadstoffreduzierte Alternativen setzen“, sagt der Cheflobbyist von Philip Morris Deutschland, Torsten Albig.

Der deutsche Bundesverband für Tabakwirtschaft und neuartige Erzeugnisse (BVTE) spricht von einem „Transformationsprozess“ in der Branche. „Wir wollen die gesundheitlichen Gefahren reduzieren, indem wir alternative Produkte anbieten“, sagt Verbandschef Jan Mücke.

Kritik aus der Medizin

Krebsforscher sehen die Produkte äußerst skeptisch. Der angebliche Einsatz der Konzerne für die Gesundheit der Konsumenten sei unglaubwürdig, sagt Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Es gehe den Konzernen nur darum, Absatz und Gewinn abzusichern.

Schaller warnt davor, dass die Produkte „als attraktive Lifestyle-Produkte für jedermann“ verkauft und dadurch auch Nichtraucher angesprochen werden. „Für Nichtraucher bedeuten die Produkte aber auf jeden Fall eine Schadenserhöhung.“ Die Schädlichkeit der neuen Produkte sei unklar, schließlich gebe es keine Langzeit-Studien. „Klar ist, dass auch diese Produkte schlecht für die Gesundheit sind und süchtig machen - am besten ist es, ganz aufzuhören.“

2024-09-19T08:13:02Z dg43tfdfdgfd